Waldshut-Tiengen,

So arbeiten unsere Retter: Das THW

Zeitungsbericht aus dem Südkurier vom 29.08.2015. Autor: Peter Rosa

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Das Technische Hilfswerk übernimmt technische Hilfeleistung im Zivilschutz, im Katastrophen- sowie im Verteidigungsfall. Zudem üben die Retter das Bergen von Menschen aus brenzligen Situationen. Was die ehrenamtlichen Kräfte bei einer solchen Übung tun, lesen Sie hier.

„Patient gerettet, bewege mich in Richtung des östlichen Ausstiegs!“ Das Flackern der Helmlampe verrät die Bewegungen tief im Kanalisations-schacht, als Stephan Krämling seinen Status über Funk durchgibt. Er ist Mitglied der ersten Bergungsgruppe des Technischen Hilfswerks Waldshut-Tiengen. Mit Atemschutzmaske und auf allen Vieren bewegt er sich durch den Kanalschacht, während er eine spezielle Bergeschleppe hinter sich herzieht, die es ihm erlaubt, einen Patienten auch aus den verwinkelten Tiefen enger Kanalisations-rohre zu retten. Das Retten und Bergen von Menschen, Tieren und Sachwerten ist die Hauptaufgabe des Technischen Hilfswerks. Entsprechende Szenarien sind Teil der Ausbildung auf dem Übungsgelände des Ortsverbandes im Kaitle.

Das Technische Hilfswerk übernimmt die technische Hilfeleistung im Zivilschutz, im Katastrophen- sowie auch im Verteidigungsfall. Das Einsatzportfolio ist vielfältig. Neben dem direkten Rettungseinsatz steht der Sicherungs- und Unterstützungseinsatz im Vordergrund. Auch leichte Räumarbeiten sowie das Herrichten von Wegen und Übergängen gehören zum Aufgabenbereich.

Die erste Bergungsgruppe ist der flexibelste Teil im Standardaufbau eines sogenannten technischen Zuges, der aus zwei Bergungsgruppen und einer Fachgruppe besteht. Sie ist universell ausgestattet und meist die erste Einheit am Einsatzort.

Neben dem obligatorischen blauen Einsatzanzug und gelben Schutzhelm verfügen die Helfer über Atemschutzgeräte und leichtes Werkzeug.

Stephan Krämling ist am Ausstiegspunkt angekommen. Dort haben Alexander Maus und Markus Riese bereits den sog. „Dreibock“ aufgestellt, um Krämling mitsamt seinem Patienten mithilfe eines Seilzugs aus der Kanalisation zu ziehen. Beide Helfer sind Teil der zweiten Bergungsgruppe, die die erste mit schwerem Gerät unterstützt. Dazu gehören u.a. hydraulische Werkzeuge, mithilfe derer die THW-Helfer auch unter widrigsten Umständen Rettungsöffnungen schaffen und Leben retten können. Die benötigte Energie  wird mit dem eigenen 50kVA-Aggregat erzeugt, das am Mehrzweckkraftwagen angehängt wird. Beleuchtet wird der Einsatzort durch den Lichtmastanhänger, den die erste Bergungsgruppe mit sich führt. Erst Ende Juni kam dieser zum Einsatz, als der nächtliche Brand eines Mehrfamilienhauses in Hohentengen bekämpft werden musste.

Hinzu kommen zahlreiche Hochleistungspumpen und Sicherungs-material, mit dem zum Beispiel Gebäude vor dem Eindringen von Wasser gesichert werden können.

Ergänzt wird der technische Zug durch eine Fachgruppe, die sich von Ortsverband zu Ortsverband unterscheidet. Waldshut-Tiengen verfügt über die Fachgruppe Wasserschaden/ Pumpen, die auf Hochwassersituationen spezialisiert ist.  Mit ihren zwei Hochleistungspumpen und mehreren kleineren Elektrotauchpumpen mit einer  Gesamtpumpleistung von bis zu 25 000 Litern pro Minute kann sie z.B. überflutete Keller in kurzer Zeit von Wasser und Schlamm befreien oder eine längere Schlauchstrecke zur Wasserversorgung herstellen. Im Auslandseinsatz kooperiert sie mit der Fachgruppe Trinkwasserversorgung.

Im Ortsverband Laufenburg steht ein schwerer Radlader bereit, mit dem Trümmer geräumt oder Wälle aufgeschüttet werden können. Im Ortsverband Bad Säckingen gibt es eine Ortungsgruppe, die Verschüttete lokalisieren kann.

„Unsere Systeme sind modular aufgebaut“, weiß Alexander Schmidt, stellvertretender Ortsbeauftragter von Waldshut-Tiengen, „so können wir uns darauf verlassen, dass deutschlandweit alle Ortsverbände die gleichen Fähigkeiten und Ausstattungen haben und problemlos miteinander arbeiten können.“ Dies war zum Beispiel beim großen Elbe-Hochwasser 2002 der Fall, als Bergungs- und Fachgruppen aus dem ganzen Bundesgebiet zusammengezogen wurden. Schmidt selbst war auch dabei, ebenso wie bei einem Auslandseinsatz in Liberia, wo das Technische Hilfswerk die Vereinten Nationen im Bereich der Notstromversogung unterstützte.

Stephan Krämling hat während seiner Grundausbildung mindestens 120 Ausbildungsstunden absolviert und hierbei sowohl den Einsatz von Werkzeug und Ausstattung als auch theoretische und strategische Vorgehensweisen im Einsatz geübt. Die Ausbildung findet sowohl in den Ortsverbänden selbst als auch in den zwei THW- eigenen Bundesschulen Neuhausen und Hoya statt.

Stephan Krämling erreicht das Ende des Übungskanals, wo seine Kameraden ihm beim Ausstieg helfen. Im realen Einsatzfall würde hier die Übergabe des Patienten an den Rettungsdienst erfolgen.

Geleitet wird der technische Zug durch den sog. Zugtrupp, bestehend aus einem Zugführer, Zugtruppführer und Kraftfahrer. Der Zugtrupp verfügt über einen Mannschaftstransportwagen, der mit der entsprechenden Ausstattung als mobile Einsatzzentrale dient, von der aus der THW-Einsatz vor Ort geleitet werden kann. „Wir bilden die Schnittstelle zwischen unseren technischen Einsatz-möglichkeiten und der anfordernden Stelle, beispielsweise Feuerwehr oder Polizei“ so Sven Marzian, Zugführer beim Ortsverband Waldshut-Tiengen.

In Deutschland leisten rund 80 000 Männer und Frauen, darunter auch Techniker, Ingenieure und Spezialisten aller Art, ehrenamtlich Dienst in der Bundesanstalt Technisches Hilfswerk. Das THW besteht derzeit aus 668 Ortsverbänden, die in 66 Geschäftsstellen und 8 Landesverbänden organisiert sind.

Jeder THW Ortsverband verfügt über einen Fachberater, der im Einsatzfall die örtliche Einsatzleitung (z.B. der Feuerwehr)  über die Einsatz-möglichkeiten des THW berät und im Bedarfsfall anfordert.

Der THW Ortsverband Waldshut-Tiengen verfügt außerdem über einen Baufachberater, der spezielle Kenntnisse im Bereich der Gebäudestatik hat und z.B. hinzugerufen werden kann, wenn die Begehbarkeit eines möglicherweise einsturzgefährdeten Gebäudes beurteilt werden muss.

Der Ortsverband Waldshut-Tiengen wurde bereits 1952 gegründet, zwei Jahre nach der offiziellen Gründung des THW. 1983 konnte die heutige Unterkunft im Gewerbegebiet Kaitle bezogen werden. 2012 mussten umfangreiche Umbaumaßnahmen an der Fahrzeughalle vorgenommen werden, da diese für die mittlerweile sehr großen neuen Einsatzfahrzeuge zu klein war.

Der Ortsverband Waldshut-Tiengen wird geleitet durch den Ortsbeauftragten Andreas Ronecker. Er ist für die gesamte Organisation innerhalb des Ortsverbandes verantwortlich und vertritt das THW auch nach außen. Der Ortsverband hat derzeit ca. 30 aktive Helfer; die THW-Jugendgruppe besteht aus 20 Jugendlichen zwischen 10 und 17 Jahren.

Die Ausrüstung:

Schmutzwasserpumpen: 

Die Hochleistungspumpen „Hannibal“ und „Vogelsang“ sind in der Lage, 5000 Liter bzw. 10 000 Liter Wasser pro Minute zu fördern. Die kuppelbaren Schläuche haben einen Durchmesser von 150 mm. Desweiteren verfügt der Ortsverband über mehrere Elektrotauchpumpen, die zusammen eine Förderleistung von bis zu 10000 Liter Wasser pro Minute erbringen.  

Energieversorgung:

Für reichlich Strom sorgt die Netzersatzanlage 50 kVA der zweiten Bergungsgruppe. Das auf einem Anhänger montierte Aggregat ist hochschallgedämmt und kann z.B. zur Versorgung eines beschädigten bzw. geschwächten Stromnetzes eingesetzt werden. Im Ortsverband kommt es unter anderem zur Versorgung der Elektro-tauchpumpen zum Einsatz.

Beleuchtung:

Der Lichtmastanhänger  der ersten Bergungsgruppe sorgt auch bei nächtlichen Einsätzen für ausreichende Beleuchtung des Einsatzortes. Die Lichtleistung der Halogenstrahler beträgt 4000 Watt, die der HQL-Strahler sogar 16 000 Watt. Der Mast kann auf eine Gesamthöhe von 9 Metern ausgefahren werden, wodurch große Flächen ausgeleuchtet werden können.

Rüstanhänger:

Auf ihm befinden sich Holzbalken, Keile und Abstützmaterial um kleinere Gebäudeteile schnellstmöglich abzustützen und zu sichern. Weiterhin kommt er zum Einsatz, wenn es um die Sicherung von Gruben und Gräben geht.

Fahrzeuge und persönliche Ausrüstung:

Jeder Helfer verfügt über einen Multifunktionsanzug, Handschuhe, Sicherheitsschuhe sowie einen Helm mit Lampe. Hinzu kommt ggf. die Atemschutzausrüstung.

Der Ortsverband verfügt derzeit über 4 LKWs, 2 MTWs und diverse Anhänger, die mit entsprechendem Einsatzmaterial beladen sind und außerdem zum Transport der Helfer zum Einsatzort dienen. Sie sind mit digitalem Funk, Blaulicht und Sirene ausgestattet. 

Die spektakulärsten Einsätze:

  • Mehrtägiger Hochwassereinsatz in Ost-Deutschland 2002 und 2013.
  • Hochwassereinsatz in Südfrankreich 2003; Trockenlegen eines überfluteten Bauernhofes nach Starkregen sowie Senken des Wasserstandes eines ganzen Wohnviertels in Zusammenarbeiten mit anderen Ortsverbänden.  
  • Pumpeinsatz 2014 in Tuttlingen, bei dem es galt Keller und eine Tiefgarage leer zu pumpen.
  • Mehrtägiger Einsatz in Trossingen nach Hagelsturm. Hier mussten Dächer notdürftig repariert und gesichert werden.
  • Schneeeinsätze nach langanhaltendem Schneefall, es mussten ganze Dächer von ihrer Schneelast befreit werden. Einkaufsmarkt in Bad Dürrheim etc.
  • Pumpeinsatz nach einem Lagerbrand in Wehr, bei dem das kontaminierte Löschwasser von einem Trinkwasserschutzgebiet fern gehalten werden 


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